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Evan Vosberg

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Was für eine Wendung: Velosotka ohne Velozipedisten

Von der Velorally in Odessa (Ukraine) habe ich bereits berichtet. Vor kurzem laß ich dann die Geschichte von Vladislav Volkov, der in diesem Jahr, die Velosotka als ein besonderes Abenteuer erlebte. Velosotka, oder kurz Sotka, ist die umgangssprachliche Bezeichnung der Velorally und kann in etwa als Fahrrad-Einhundert übersetzt werden. Ich finde seine Geschichte muss weiter erzählt werden weshalb es hier nun die deutsche Übersetzung des Velorally Blog-Artikel zu lesen gibt.

Wie ich “meine einsame” Odessa Velosotka 2016 fuhr.

Hallo an all die professionellen und engagierten Radfahrer, sowie zu denen die es einfach mögen einen Tag auf dem zweirädrigen Freund in der Natur zu verbringen. Kürzlich (9. April 2016) fand in Odessa die 33te jährliche Fahrrad-Ausfahrt statt, gewidmet dem Tages der Befreiung der Stadt von den Nazi-Besatzern, auf einer Strecke von 100 Kilometern dem “Gürtel des Ruhmes”. In diesem Jahr starteten mehr als 2000 Radfahrer aus aller Welt um diese Strecke zu überwinden und an der unvergesslichen Erfahrung dieser Veranstaltung teilzuhaben. In dieser Geschichte werde ich erzählen wie ich die Velosotka allein absolvierte.

Dies war meine zweite “Odessa Velosotka”, im letzten Jahr habe ich eine solche Strecke zum ersten mal absolviert. Ich war sehr froh diese Tour gefahren zu sein und habe noch großartige Erinnerungen daran. Nach dieser Tour beschloss ich im darauf folgenden Jahr zu anzutreten. Ein wenig später, im Sommer des selben Jahres überschritt ich gemeinsam mit einem Freund die bisherige Marke und wir schafften zwischen Kiew – Schytomyr eine Strecke von 150 Kilometern. Odessa Sotka schien, bezügliche der Länge, nicht mehr so “furchteinflößend”, wir waren bereit für einen neuen persönlichen Rekord.

Auf Grund meines Umzuges nach Winnyzja bereitete ich meine Reise nach Odessa zum Fahrradmarathon alleine vor. Die Tickets waren gekauft, die Sachen gepackt und mein Fahrrad bereit die Straßen Odessas zu erobern. Es war Zeit zu startet. In der Nacht vom 9. April warf ich den Rucksack über die Schulter nahm den verlässlichen stählernen Freund und machte mich auf den Weg zum Bahnhof. Dies war der Beginn meines Abenteuers. Zur selben Zeit am selben Bahnsteig aber in unterschiedlicher Richtung standen die Züge Lemberg – Odessa und Odessa – Lemberg. Aus mir bisher unerklärlichen Gründen waren die Zugnummern vertauscht und ich bestieg den falschen Zug, welcher in die entgegengesetzte Richtung fuhr, nach Lemberg. Als ich mit der Schaffnerin darüber diskutierte, dass dies nicht mein Zug sei war mein Zug Lemberg – Odesse bereits abgefahren …

Mir blieb gar keine andere Wahl als ein Ticket für den nächsten Zug nach Odessa zu kaufen, was ich dann übrigens auch tat. Der nächste Zug aber würde erst um 12:00 in Odessa ankommen, also 1 1/2 Stunden nach dem offiziellen Start. Diese Nachricht enttäuschte mich leicht und ich glaubte die Vellorally würde dieses Jahr ohne mich stattfinden. Ich sammelte meinen ganzen Willen in meinen Pedalen und entschied mich um jeden Preis nach Odessa zu kommen um die Velorally zu bezwingen. Ich kaufte ein Ticket für den nächsten Zug, welches ehrlich gesagt um ein vielfaches teurer war als das vorherige. Doch selbst solch eine Kleinigkeit wie der der Ticketpreis hielt mich nicht mehr auf und die Velosotka zu fahren war nicht länger ein persönlicher Wunsch es war vielmehr eine persönlichen Herausforderung.

9. April um 12:00 Uhr – Ich war gerade angekommen am Bahnhof in Odessa. Sofort entschied ich mich zum Startpunkt zu fahren, in der Hoffnung dass noch jemand vom Organisationsteam dort wäre. Ungefähr 12:30 Uhr erreichte ich den Startpunkt, allerdings war außer ruhig spazierenden Leuten niemand vor Ort den ich hätte treffen wollen. Das nächste Problem war mich an die Route der letzten Velosotka durch die Stadt zu erinnern, natürlich waren mehr als 2 Stunden nach dem Start keinerlei Streckenposten mehr in der Stadt. Die Karte auf der Rückseite der Startnummer war auch nicht hilfreich da die Skalierung viel zu klein war und es stellte sich als äußerst schwierig heraus aus der Stadt heraus zu kommen (Telefon mit Navigationsfunktion hatte ich nicht zur Verfügung). Es gab nur eine Möglichkeit, mit geschlossen Augen und nach Gefühl zu fahren.

Zunächst war auf der richtigen Route unterwegs, aber an einer der Kreuzungen bog ich falsch ab und fuhr blind umher. Nach etwa 20 Minuten jedoch, erkannte ich eine mir bekannte Brücke welche ich im Vorjahr mit tausenden anderen Radfahrern überquerte. Ich fuhr über die Brücke und erreichte die Abzweigung am Rande der Stadt. Ich erinnerte mich an diesen Teil der Strecke und es fiel mir nicht schwer mich zu orientieren, das Interessanteste aber lag aber noch vor mir. Am Kreisverkehr wo die Route nach rechts in Richtung Kontrollpunkt Myrne abzweigt war stauten sich Fahrzeuge auf allen Fahrspuren und somit musste ich neben den eigentlichen Fahrbahnen fahren. Wie sich später herausstellen sollte war hier auf der Fahrbahn der Weg zum Kontrollpunkt Myrne markiert, was ich aber auf Grund des Staus nicht sehen konnte. Entsprechend meiner Erinnerungen an die vergangene Velorally wusste ich dass man an dieser Kreuzung rechts abbiegen muss, aber dass man tatsächlich erst an der zweiten Ausfahrt raus muss wusste ich jedoch nicht. Wie ihr euch denken könnte nahm ich hier den falschen Abzweig …

In dieser Richtung fuhr ich dann etwa 2 Stunden und Zweifel an der Richtigkeit der Strecke kamen nicht auf. Die selbe zweispurige Straße, all die endlosen Felder, sowie die kleinen Geschäfte am Straßenrand. Die Unterschiede waren so gering, dass ich mich wohl nach einem Jahr einfach nicht so genau daran erinnerte. Doch nach ein und ein halb Stunden kontinuierlichen in die Pedale treten war ich überrascht den Kontrollpunkt in Myrne noch immer nicht erreicht zu haben. Ich nahm an dass ich viellicht doch etwas aus der Form war und langsamer fuhr als im letzten Jahr. Als ich mich umdrehte und und auf dem Straßenschild “Odessa 40km” laß, zweifelte ich wirklich “Bin ich auf dem richtigen Weg?”. Beim erreichen einer Tankstelle ein paar Kilometer weiter, wendete ich mich an dem Tankwart mit der Frage “Wie komme ich nach Myrne?” Er begann die Karte auf der Rückseite meiner Startnummer zu verstehen, konnte unseren Standort jedoch auch nicht finden weil dieser außerhalb der Karte lag. Wir fand einzige und allein heraus, dass ich hier völlig verkehrt auf dieser Straße war.

Nach dem verlassen der Tankstelle entschied ich zu einer kleinen Pause, zum essen und zum überlegen was ich nun wohl tun werde. Ich ging ins Internet um mir eine Karte von der Region Odessa herunterzuladen und ich began zu verstehen wo ich gelandet war. Als ich realisierte wo ich ungefähr bin, war ich sichtlich überrascht wie weit ich von der eigentlichen Route bereits entfernt war. Beim überblicken der Karte konnte ich keinen direkten Weg zum Kontrollpunkt in Myrne finden. Es blieb als einzige Option, die 30 Kilometer zurück zum Kreisverkehr zu fahren. Es war mittlerweile etwa 15:00 Uhr und die gesamte Strecke der Velorally noch zu fahren schien mir unrealistisch. Ich entschied mich meine ganz eigene Streckenführung zu wählen, welche meiner Berechnung zufolge in etwa 100km entsprechen sollte. Nach dem Essen packte ich zusammen und machte mich langsam wieder auf den Rückweg.

Einige Zeit später erreichte ich den Kreisverkehr und nahm nun “meine Route”, allerdings stoppte ich und überprüfte den Weg hunderte mal um nicht nochmal die Ausfahrt zu verfehlen. Nachdem ich überzeugt war den richtigen Weg eingeschlagen zu haben setze ich meine Fahrt fort. Weiter ging es mit voller Geschwindigkeit, denn die Zeit wurde knapp. Die Strecke führte nun gerade aus ohne Abzweigungen, so hatte ich keine weiteren Probleme mit der Orientierung. Noch keine, bis ich in die Gegend des Dorfes Tairove kam. Dort gab es viel schmale Straßen und Abzweigungen, die Karte auf meinem Telefon konnte mir hier auch nicht weiter helfen. Ich musste wieder einmal weiter nach Gefühl fahren. Ich fuhr zum Ortsausgang von Tairove und hielt an einem Haus, die Bewohner halfen mir den Weg auf de Karte zu finden und zeigten mir die weitere Richtung. An der Straße entlang erschienen nun einige Gebäude und die Gegend sah nach einem Industriegebiet aus, an das ich mich aus dem letzten Jahr erinnern konnte. Nach ein paar Kilometern sah ich eine Kreuzung, welche ich im letzten Jahr schon auf dem Weg nach Odessa passierte. An dieser Kreuzung waren viele andere Radfahrer und ich war wahnsinnig glücklich, dass ich die Teilnehmer der Velorally endlich eingeholt hatte.

Ich setzte mir das Ziel bis zur Ziellinie noch so viele wie möglich zu überholen und ich viel etwas in Ekstase. In einen Status in dem der die Beine einfach strampeln, der Kopf an nichts denkt und die Augen auf die Straße starren. In diesem Zustand fühlt man keinerlei Ermüdungen, man fährt wie eine Maschine.

So fuhr ich zum Park des 411. Battalion bis über die Ziellinie. Diese meine Reise genannt “Odessa Velosotka von Volkov” war vollendet. Um es Zusammenzufassen, ich kam mit einer Zeit von 7 Stunden und 59 Minuten an, wenn man aber die 2 Stunden des verspäteten Starts abzieht sind es ziemlich exakt 6 Stunden. Für mich ein persönlicher Rekord, verglichen mit dem Vorjahr. Ein interessanter Punkt ist, dass meine Route laut GoogleMaps genau 102 km lang war. Ich kann also sagen “Odessa Velosotka 2016” Mission erfüllt.

Odessa Velosotka – Original

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Odessa Velosotka – Vladislav Volkok

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So fuhr ich, meine Freunde, Odessa Velosotka 2016.

9. Mai 2016

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